Wie die Geburt eine Mutter psychisch verändert und worauf man achten sollte

Kein Ereignis im Leben einer Frau verändert sie so sehr wie eine Schwangerschaft und die Geburt ihres Babys. Ab dem ersten Tag der Schwangerschaft stellt sich der Organismus ganz auf das heranwachsende Kind ein. Besonders die rasante Produktion von Hormonen wirkt sich auf Körper und Psyche aus. Von freudiger Euphorie bis zum tränenreichen Baby-Blues ist die emotionale Achterbahn bei Müttern nach der Geburt ganz normal. Länger anhaltende Stimmungstiefs nach der Entbindung erfordern eine medizinische Behandlung.

Mütter voller Power

Die Geburt deines Babys kann dich zu neuen Höchstleistungen bringen. Du wirst trotz des gravierenden Schlafmangels aktiv sein und dein Kind rund um die Uhr umsorgen. Nachts reagierst du auf das kleinste Geräusch des Babys und springst an sein Bettchen. Keine Mühe ist dir zu viel.
Viele Mütter erleben an sich völlig neue Seiten. Sie fahren vorsichtiger Auto und haben ein großes Herz für alle Lebewesen, die ihnen hilfsbedürftig erscheinen. Sie sind hochemotional oder haben ein großes Bedürfnis nach körperlicher Nähe zu ihren Kindern und ihrem Partner.
Mütter entwickeln häufig große persönliche Stärke, werden mutiger als früher und verteidigen beispielsweise ihre Liebsten gegen unhöfliche und ungerechte Mitmenschen.
Forscher erklären diese Veränderungen mit hormonbedingten Prozessen im Gehirn.

Schlechte Stimmung und Baby-Blues

In den ersten Tagen nach der Entbindung erleben Mütter häufig ein Auf und Ab der Gefühle. Neben allem Glück empfinden sie Traurigkeit und weinen aus scheinbar nichtigen Anlässen. Sie sind müde und erschöpft, kommen dennoch nicht zur Ruhe und schlafen schlecht. Diese Symptome gelten nicht als psychische Erkrankung. Sie sind eine Reaktion auf die Hormonumstellungen im Körper und auf die neue Lebenssituation. Hält der Baby-Blues länger als etwa vierzehn Tage an oder empfindest du ihn als schwer erträglich, sprich mit deiner Hebamme oder einem Arzt darüber.

Postnatale Depression

Die sogenannte Wochenbettdepression oder postnatale Depression kann bis zu zwei Jahre nach der Geburt auftreten und muss medizinisch behandelt werden. Die Krankheit äußert sich in anhaltenden Stimmungstiefs, innerer Leere, Schuldgefühlen und Ängsten. Betroffene Mütter fürchten, sie könnten ihrem Kind schaden. Die negativen Gefühle können bis zu Suizidgedanken führen. Die Behandlungsmöglichkeiten sind dank moderner psychologischer Verfahren und gut abgestimmter Medikamente erfolgversprechend. Frauen, die bereits vor oder während der Schwangerschaft an Depressionen und Angststörungen leiden, haben ein großes Risiko, an einer postnatalen Depression zu erkranken. Betroffene sollten das Thema beim Gynäkologen und in der Entbindungsklinik ansprechen. Symptome lassen sich dann im Ernstfall rasch erkennen und behandeln.

Psychose nach der Geburt

Psychotische Erkrankungen nach der Entbindung sind selten. Sie können sich aus der postnatalen Depression entwickeln und äußern sich unter anderem in Halluzinationen, Wahrnehmungsstörungen und Wahnvorstellungen. Eine Psychose ist eine schwere psychische Krankheit. Schon beim ersten Anzeichen muss ärztliche Hilfe geholt werden.

Ursachen für psychische Erkrankungen

Neben hormonellen Auslösern können medizinische und soziale Aspekte eine seelische Krankheit nach der Geburt begünstigen. Frauen, die die Geburt als traumatisch erlebt haben, leiden noch lange danach unter den Ereignissen. Soziale Unsicherheiten durch eine ungeklärte finanzielle Versorgung, ein fehlender Partner oder Konflikte in der Familie fördern ebenfalls Unsicherheiten und Zukunftsängste bei Müttern.

Wenn du betroffen bist

Der Hausarzt oder der Gynäkologe sind die ersten Ansprechpartner, falls du nach der Geburt deines Kindes psychische Probleme haben solltest. Örtliche soziale und kirchliche Einrichtungen unterstützen Mütter mit Hilfsangeboten. Einige psychiatrische Kliniken bieten ambulante Selbsthilfegruppen für Mütter, die durch ihre neue Rolle in eine seelische Krise geraten oder die schon vor der Schwangerschaft seelische Krankheiten hatten und sich vorsorglich bis nach der Geburt begleiten lassen möchten. Einen Austausch zwischen betroffenen Müttern gibt es in Internetforen und auf Facebook. Die Anonymität im Forum macht es vielen leichter, Probleme offen auszusprechen.

Der Krise vorbeugen

Es ist sinnvoll, schon vor der Geburt alles für das Baby vorzubereiten. Vielleicht ist das Kinderzimmer eingerichtet und es liegen genügend Strampler, Windeln und Fläschchen bereit. Dank deiner fürsorglichen Planung wird es dem Nachwuchs an nichts fehlen. Vergiss dabei nicht die Selbstfürsorge für dich und organisiere dir frühzeitig Unterstützung. In erster Linie sollte natürlich dein Ehemann/Freund für euch da sein. Wenn du mit dem Baby aus der Entbindungsklinik nach Hause kommst, solltest du dir nicht zu viele Gedanken um die Organisation des Alltags machen müssen. Verteile konkrete Aufgaben an die Freunde und Familienmitglieder, die dir Hilfe und Unterstützung anbieten. Lass dir zubereitetes Essen vorbeibringen, überlass die Gartenarbeit dem Opa, schick den Neffen mit dem Hund Gassi, verteile deine Einkaufslisten an deine Freundinnen. So sorgst du gut für dich und vermeidest Krisen durch Erschöpfung und Überforderung. Und damit sorgst du zugleich gut für dein Baby. Das Baby braucht keinen blitzblanken Haushalt, sondern eine möglichst relaxte Mama.

Stress im Krankenhaus

Aus eigener Erfahrung kann ich eine Krankenhauszusatzversicherung nur empfehlen. Diese kostet nicht viel und ist nach einer anstrengenden Geburt Gold wert. Mir wurde damals nach der Niederkunft ein Zweibettzimmer zugeteilt, weil leider kein Einzelzimmer verfügbar war. Das war aber auch in Ordnung, da meine Zimmergenossin erst kurz vor meiner Entlassung ihr Bett bezogen hat.

Jedoch sah es ein Zimmer weiter nicht ganz so rosig aus. Dort lagen 4 bis 5 Mütter, teils entbunden und teils kurz davor, in einem Zimmer. Klingt viel? Es kommt noch schlimmer! Eine von ihnen hatte ihr Kind bereits entbunden und verfügte über einen sehr großen Familienkreis. Da diese Familie einen anderen kulturellen Hintergrund hatte und scheinbar ein anderes Verständnis von Diskretion, wurde das Zimmer regelrecht belagert. Zwischenzeitlich waren bis zu 16 Familienangehörige gleichzeitig im Zimmer. Die Lautstärke kannst du dir bei der Anzahl selber vorstellen.

Sowas hätte ich und würde ich niemals gebrauchen können. Nach der Geburt benötigst du und dein Baby viel Ruhe und Zeit. Kurz vor der Niederkunft, wenn die Wehen richtig einsetzen, man Schmerzen hat und total übermüdet ist, kann man auf ein Großraumzimmer mit 20 Personen gut verzichten.

Doch auch grundsätzlich ist die Krankenzusatzversicherung (Ein-/Zweibettzimmer mit Chefarztbehandlung) nie verkehrt und sollte allgemein in jedes Versicherungsportfolio gehören.

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Selbstfürsorge und Psychohygiene gegen Stimmungstiefs

Psychohygiene ist die Lehre vom Schutz und dem Erlangen der psychischen Gesundheit. Mach dich frei vom Perfektionismus, denn die perfekte Mutter gibt es nur in der Werbung. Glaube diesem Mutter-Mythos nicht und lass dir nicht von Instagram-Supermüttern vorgaukeln, dass wir wenige Wochen nach der Geburt schon wieder mit Top-Figur im Bikini posieren müssen. Solche unrealistischen Bilder üben zusätzlichen Leistungsdruck aus und sind mitverantwortlich für die Selbstzweifel vieler Mütter.

Es ist für dich und dein Baby viel besser, wenn du dir gegenüber großzügig bist. Gib dir Zeit, in deine neue Rolle als Mutter hineinzuwachsen. Meide vorerst Menschen, die kein Verständnis für dich haben oder dich mit ihren Erwartungen unter Druck setzen. Du brauchst jetzt ausschließlich Freunde und Familienmitglieder, die dich bestärken und entlasten. Plane nach Möglichkeit Auszeiten für dich ein, in denen du nur Dinge tust, die dir Freude machen. Schlafe tagsüber, wenn auch das Baby schläft. Falls dein Partner dich nicht entlasten kann, binde andere dir nahe stehende Menschen ein und lass sie dein Kind stundenweise betreuen.

Hochs und Tiefs der Muttergefühle

Dein neues Leben mit Baby wird aufregend, wunderschön, manchmal chaotisch und ganz sicher immer mal wieder anstrengend sein. Du wirst jede Entwicklungsphase des Kindes genießen und an dir selbst viele Veränderungen feststellen. Du kannst dabei ohne jede Krise in deine Mutterrolle wachsen. Vielleicht wirst du aber auch manchmal seelische Tiefs haben. Den Baby-Blues erlebt bis zu 80 Prozent der Mütter. Für die damit verbundenen Zweifel, Stimmungsschwankungen und Ängste sollte sich keine Frau schämen, denn diese Gefühle sind völlig normal und sind schnell vorüber. Dauert das seelische Tief an, findest du professionelle Hilfe bei deinem Arzt oder in sozialen und psychologischen Beratungsstellen.

Liebe Grüße, Sabine (Mutter von 2 Kindern)

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